Hessenseminar 2018 – das Jahresevent
Pünktlich wie jedes Jahr am zweiten Wochenende des September und unter sommerlichen Temperaturen fand das alljährliche Hessenseminar in Wetzlar statt. Vom 07. bis zum 9. September besuchten ca. 180 Ju-Jutsuka das vom HJJV organisierte Spitzenevent. Erstmalig wurde das Hessenseminar gleichzeitig und im gleichen Ort mit dem Pekiti-Tirsia-Kali Seminar ausgerichtet, bei dem weitere 130 Teilnehmer trainierten. Somit konnte man mit über 300 Teilnehmern ein komplett ausgebuchtes Sportevent erleben, das keine Wünsche offen ließ.
Am Freitagabend eröffnete Martin Silbersack die erste Trainingseinheit unter dem Titel „Erster Kontakt“. Hierbei ging es nicht um Außerirdische, gemeint waren Schläge, Tritte und Griffkontakt. In der Einheit zeigte Martin, wie man ein Sparring richtig aufbauen und den Partner fordern kann. Es wurde bereits bei der Eröffnung richtig geschwitzt.
Am Samstag begann Christopher Müller pünktlich um 9 Uhr seine Einheit, deren Inhalt die Schnittmenge des Ju-Jutsu und Jiu-Jitsu war. Hierzu hatte er Stichworte auf Zettel geschrieben, die die Teilnehmer sortieren konnten, um hierüber die Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Anschließend wurden die Überschneidungen praktisch geübt. Danach referierte er weiter über die Grundlagen der Systeme.
Parallel dazu zeigte Jens Knippschild Sweeps aus der Guard. Zunächst haben die TN den Scherensweep / "Scissors Sweep" trainiert. Aus diesem wurde dann eine weiterführende Technikserie aufgebaut. Sweeps und Submissions wurden als Weiterführungstechniken verknüpft (Stiletto sweep / Armbar / etc.). Danach wurde noch der "Double ankle grab sweep" trainiert. Eine Technik aus der Guard, wenn der Gegner aufsteht. Einmal zur Mount und einmal als Weiterführung mit einem Armbar.
Nach einer kurzen Pause ging es weiter mit der zweiten Einheit, hier wurde sich mit verschiedenen Partnerdrills aufgewärmt und weiter ging es mit Guardpassing, klassisch und fortgeschrittene Techniken. Auch hier wurde eine Technikserie aufgebaut, wie man die Guard öffnet und anschließend passiert. Des Weiteren wurde auf die Kontrolle in der seitlichen Halteposition eingegangen. Aus dieser wurden dann noch verschiedene Würgetechniken trainiert.
Patrick Wendt übernahm die dritte Einheit, die über den ganzen Samstag lief, mit dem Thema „Szenarientraining, ein anstrengender Weg zu einem gelungenen Training“
Der Kurs begann mit einem einfach gelenkten Rollenspiel, womit die TN weich in die Thematik eingeführt wurden. Schlagworte waren hier Wahrnehmung, Vorkonfliktphase, Kommunikation (Körpersprache) und Gewaltprävention (im Bannkreis des Täters/ Magnetwirkung).
Nach Besprechung des erfahrenen, notwendigen Ordnungs- und Sicherheitsrahmen (ritualisierter Beginn und Ende, festgelegter Trainingsbereich, Verwendung von Schützern) wurden einfache Handlungsabläufe in Drillform eingeübt, die in kurzen Szenen (sog. Szenarientraining) im Vollschutz abgerufen wurde. Hier gab es kurze, direkte Anweisungen der Trainer und auch immer eine Nachbereitung mit Bestätigung der guten Handlungen, sowie Verbesserungshinweise, die größtenteils sofort wieder praktisch abgerufen werden mussten.
Den Schluss bildete das Simulationstraining mit der Bewältigung einer komplexen Situation, in der sowohl die körperlichen Aspekte des Szenarientrainings, als auch die im Rollenspiel erfahrenen Verhaltensweisen zielführend gezeigt werden mussten und nachbereitet wurden. Diese wurden auch auf einer Metaebene für Trainer kurz angesprochen.
Bildhaft gesprochen wurde vom FILM, der aus der PROBE (Rollenspiel) über einzelne SZENEN (Szenarientraining) zu einem gesamten FILM (Simulationstraining) führt. Dabei wurden die Begriffe Rollenspiel, Szenarientraining und Simulationstraining so verwendet, dass sie das Erfahrene für die Teilnehmer aus Patricks Sicht gut beschreiben und erklären können.
Nach dem Mittagessen eröffnete HJJV-Präsident Thomas H. Meyer offiziell das Hessenseminar mit einem großen Dankeschön an alle Helfer. Geehrt wurden die zwei teilnehmerstärksten Vereine, der 1. Sprendlinger Judo Verein e.V. und das Unidojo Darmstadt, die mit jeweils 14 Teilnehmern vor Ort waren, mit Gutscheinen für zukünftige Lehrgangsteilnahmen.
Dann ging es auch schon rasant weiter in der Halle 1 mit der Ju-Jutsu Legende Bernd Thomsen. Bernd hatte sich 2 Themen vorgenommen: „Let´s make Ju-Jutsu great again“ und „Ju-Jutsu einfach, sicher und wirkungsvoll“. In der ersten Einheit hielt Bernd eine begeisternde Rede über das Ju-Jutsu und seine Vorteile gegenüber anderen Kampfsportarten. Weiterhin ging es darum, gemeinsam mit den TN zu ergründen, warum manche andere Kampfsportarten derzeit so viel Zulauf haben, JJ aber eher stagniert. Gründe könnten u. a. in der Art und Weise des Trainings liegen. Actionreiche und interessante Übungsformen zu bieten war sein Ansatz. Es wurden im Stationenbetrieb Flows ohne und mit Waffen trainiert, aber auch Stresstraining in Kleingruppen, wobei der Verteidiger mit dem Rücken zur Wand stehend einen Angreifer nach dem anderen abwehren und nach Möglichkeit überwältigen musste. Die 2. Einheit beschäftigte sich mit einfacher, aber wirkungsvoller SV. Dabei galt es aus einer Schutzposition (passive Abwehr mit beiden Armen im Kopfbereich) heraus in eine zentrale Technik (Einhaken unter dem gegnerischen Arm in Verbindung mit Rückriss) zu gelangen, um die Person zu Boden zu bringen und ggf. fest zu legen. Nebenbei ging es darum, bei Gegenwehr des Gegners während der Technikausführung einen Plan B zu entwickeln, um entsprechend vorbereitet zu sein. Das Ganze wurde später auch im Stresstraining und gegen Messerangriffe angewendet.
In Halle 2 hatte Martin Silbersack das Thema JJ-Techniken mit Pfefferspray gewählt. Ju-Jutsuka wissen: Der Umgang mit einer Waffe will geübt sein. Stock, Messer und Pistole finden sich im Prüfungsprogramm. Mit Reizstoffsprühgeräten befassen wir uns eher selten. Es lohnt sich jedoch, die Möglichkeiten und Grenzen dieser Waffen zu kennen. In der Trainingseinheit hat Martin bekannte Ju-Jutsu-Techniken mit dem Einsatz von Pfefferspray kombiniert. Dabei wurde selbstverständlich mit Trainings-Sprays geübt, welche der HJJV zur Verfügung gestellt hat! Das erste Spiel hatte dabei das Ziel, dem Teilnehmer vor Augen zu führen, in welcher Hand er das Spray halten sollte und wie es in einer Auseinandersetzung vor dem Zugriff meines Angreifers zu schützen ist. Die weiteren Übungen verdeutlichten, dass unterschiedliche Distanzen zum Gegner die Handlungsalternativen bestimmen. Trainiert wurde relativ realistisch mit Schutzbrillen und Pfefferspray, das mit harmlosen Schaum gefüllt war. Ein tolles AHA-Erlebnis für die TN und eine gute Idee für SV-Kurse.
In der zweiten Hälfte setzte Martin das induktive Training vom Vortag fort, um die erfahrenen Ju-Jutsuka unseres Verbandes zu einer individuellen Problemlösung zu führen. Hierbei sind Zweikampfspiele bzw. –aufgaben seiner Meinung nach die beste Variante. Dies hatte Martin auch für die Einheit „Erster Kontakt“ sowie beim Thema „Übergänge vom Stand zum Boden“ versucht umzusetzen. Klar ist, dass diese Form des Trainings anstrengender ist, jedoch kommt der Fun-Faktor dabei voll zum Einsatz, denn wer misst sich nicht gern im fairen Zweikampf?
Parallel zu den Ju-Jutsu Einheiten trainierten die Fans des Pekiti-Tirsia-Kali unter Jared Wihongi und Johannes Renninghoff unter anderem Stockdrills. In der Halle wurde schweißtreibend und ohrenbetäubend trainiert, wobei der HJJV-Präsident eine kurze Pause nutzte, um auch hier die TN zu begrüßen und gleichzeitig Bert Gemmerich die silberne Ehrennadel für über zwanzigjährige Verdienste im Hessischen Ju Jutsu Verband e.V., insbesondere für die Förderung des Pektiti-Tirsia-Kali im HJJV, zu überreichen. Vielen Dank, Bert, für deinen Einsatz!
Nach dem Grillen ging es dann über zu der obligatorischen Party, bei der die Ju-Jutsuka neben all dem Kämpfen auch ihre fröhliche und kommunikative Seite zeigen konnten. Es war wieder ein toller Tagesausklang mit vielen alten und neuen Gesichtern, der für einige erst kurz vor Sonnenaufgang endete.
Galt es doch wieder früh aufzustehen, um die letzten Einheiten mit Sina Frese, Christopher Müller und Stefan Lechthaler (der kurzfristig für Tom Ismer einsprang, da dieser verletzungsbedingt absagen musste) mitzunehmen.
Sina zeigte Würgetechniken am Boden und begann zum Aufwärmen mit einer „Tabata-Einheit“, gezeigt wurden Würgetechniken in der Bankposition mit und ohne Gi, sowie Würgetechniken mit der Kleidung des Gegners aus der Kreuzposition. In der zweiten Einheit wurden Atemi unter Belastung trainiert.
In der Halle 2 zeigte Stefan Lechthaler einen methodischen Ansatz zu einem erfolgreichen Triangolo oder Sankaku aus der Guard, mit dem Anspruch, dass dieser auch im Kampf funktionieren muss. In der zweiten Hälfte zeigte er noch den Triangolo aus verschiedenen Positionen, wie Bank-, Reit-und Kreuzposition.
Christopher Müller ließ nochmal zum Ausklang die TN richtig in seinem Belastungstraining schwitzen.
Gegen 12 Uhr war das Hessenseminar sehr erfolgreich beendet. Die Stimmen waren überaus positiv und somit wurde das Hessenseminar 2018 wieder ein voller Erfolg. Die Hallen waren voll, das Wetter und die Stimmung hervorragend. Es war wieder ein Treffen von alten Freunden mit der gemeinsamen Liebe zum Ju-Jutsu und das Lachen der TN hallt noch jetzt durch die Hallen. Wir freuen uns schon auf das Hessenseminar 2019 und zählen bereits die Tage. An dieser Stellen nochmals vielen Dank an all die helfenden Hände, die hunderte von Matten auf- und abbauten, an alle Referenten, die ihr Wissen und Begeisterung teilten, an die Geschäftsstelle, die alles koordinierte, an die Köche, Grillmeister und zu guter Letzt an alle Ju-Jutsuka aus ganz Hessen (und darüber hinaus!), die teilgenommen und mitgeholfen haben, dass dieses Event wieder unvergesslich bleibt. Ihr habt Ju-Jutsu wieder „great again“ gemacht!
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Bericht und Fotos: HJJV Medienteam